Editorial der Umweltanwältin
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Foto: © Gishild Schaufler
Anfang Oktober tagten die österreichischen Umweltanwält_innen in Kärnten. Neben dem regelmäßigen Austausch zwischen den Bundesländern, wurden schwerpunktmäßig die Biodiversität und die Rolle von Endemiten mit einem Vortrag von Dr. Christian Komposch (Ökoteam) behandelt. Endemiten sind Lebewesen, die nur in einem bestimmten, räumlich abgegrenzten Gebiet vorkommen. Auch wenn man dabei zuerst meist an bestimmte Arten auf Inseln oder Inselgruppen im Meer denkt (z.B. Galapagos), gibt es solche „Inseln“ genauso auch im Gebirge und bei uns in den Alpen. Hier spielen nicht nur Wiesen eine Rolle, sondern vor allem auch Waldböden, Quellfluren, Felsbiotope, Alpine Matten und Windkanten.
Während die wirtschaftlichen Interessensvertretungen immer wieder über den „strengen“ Naturschutz „klagen“, stehen österreichweit aber eigentlich nur ca. 20-30% unserer Arten ausdrücklich unter Schutz, vor allem jene mit europäischer Bedeutung. Die Biodiversität in Österreich ist durch die aktuelle Naturschutzgesetzgebung aber keineswegs ausreichend abgedeckt, um die noch vorhandene Vielfalt zu schützen. Zusätzlich besteht die Diversität der Tierarten zu über 90% aus kleinen, für uns unscheinbaren Tieren, denen meist (zu Unrecht) keine Beachtung geschenkt wird, obwohl sie eine große Rolle im Funktionieren unseres Ökosystems spielen.
In Österreich sind ca. 750 endemische Arten bekannt (Essl & Rabitsch, 2009), wobei Gefäßpflanzen, Schnecken, Spinnentiere und Insekten an der Spitze stehen. Obwohl jedes einzelne Bundesland welche beherbergt, sind nur in der Kärntner Tierartenschutzverordnung zumindest ein paar Endemiten berücksichtigt. Wir vernachlässigen die Arten, die es nur bei uns gibt. Doch eigentlich müssten wir für diese genauso Verantwortung übernehmen. Wie im kulturellen Bereich sollte es auch hier selbstverständlich sein, unsere Besonderheiten zu bewahren.
Die Arbeit der Umweltanwaltschaften gestaltet sich in allen neun Bundesländern ähnlich herausfordernd, immer wieder konfrontiert mit dem Aufeinandertreffen unterschiedlichster Interessen. Da die Natur als unsere Lebensgrundlage zu schützen ist, gibt es die Naturschutzgesetze. Grundeigentümer meinen aber oft ein Recht auf uneingeschränkte Nutzung ihres Eigentums zu haben. Unternehmer und Projektwerber vertreten meist die Ansicht, dass wirtschaftliche als öffentliche Interessen selbstverständlich über dem Naturschutz stehen, ohne daran zu denken, dass es sich bei letzterem auch um ein besonders wichtiges öffentliches Interesse handelt.
Aus dem Verfahrensalltag ist bekannt, dass effektiv nur geschützt werden kann, was auch im Gesetz steht, dass aber aufgrund der unterschiedlichen Begehrlichkeiten und Lobbyarbeit auch nicht unbedingt das ins Gesetz kommt, was wissenschaftlich sinnvoll oder notwendig, sondern nur was politisch vertretbar ist. Zusätzlich kommt es in den Verhandlungen selbst immer wieder zu Auslegungsdiskussionen über bestehende Schutzbestimmungen. Umso wichtiger ist es deshalb, dass die Umweltanwaltschaften trotz vieler Widerstände und Rückschläge der wehrlosen Natur verlässlich und konsequent ihre Stimme geben und die Natur für die Allgemeinheit und künftigen Generationen verantwortungsvoll vertreten.
In Bezug auf das Thema der Endemiten müssen wir uns bewusst sein, dass mit einem einzigen Kraftwerks-, Schigebiets- oder Straßenprojekt eine endemische Art weltweit ausgelöscht werden kann. Ein Übersiedeln von Arten ist kompliziert und nur sehr begrenzt möglich, einen kleinen Einblick darüber gibt der Artikel über die EU-rechtlich geschützte Zauneidechse (Standards für den Artenschutz bei der Zauneidechse). Besonders wichtig ist daher auch der Schutz von Lebensräumen, zu dem ich weiter unten auf den Bundesländervergleich unserer Praktikantin hinweise (Vergleich Lebensraumschutz in allen Bundesländern). Den wahren Preis für Nutzung, Verbrauch oder Zerstörung natürlicher Ressourcen zahlt meist nicht der Verursacher, sondern die Allgemeinheit, wie auch der Artikel der Geländeveränderungen im Zuge landwirtschaftlicher Verbesserungen veranschaulicht (Landwirtschaftliche Verbesserungen auf Kosten des Naturerbes?).
Unser Ökosystem hat sich über Jahrmillionen etabliert und das Fundament der Biodiversität war daher bis jetzt relativ stabil, doch sitzen wir oben auf dem Turm und ziehen unten immer mehr Teile heraus, bis der Turm instabil wird und der Einsturz droht. Wir wissen nicht genau, wann es soweit ist, aber da wir alle auf dem gleichen Turm sitzen, müssen wir zusammenarbeiten und den Lebensraum-, Arten- und Naturschutz nicht nur in seiner Wichtigkeit anerkennen, sondern auch faktisch und effektiv umsetzen. Dies bestätigt auch der gerade veröffentlichte Zustandsbericht der Natur in der EU. Umso unverständlicher ist es, dass der VwGH im Verfahren zur 380kV-Salzburgleitung - einem so großen, umfangreichen und komplexen Vorhaben - den EuGH nicht zu den grundlegenden unionsrechtlichen Fragestellungen zum Artenschutz befragt hat.
Gishild Schaufler, Oktober 2020
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Besorgniserregender Naturzustandsbericht der EU zeigt die dringende Notwendigkeit einer besseren Umsetzung und Durchsetzung des Naturschutzes
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State of Nature in the EU - EEA Report No 10/2020
Zu Beginn der derzeit stattfindenden "Grünen Woche" der EU wurde am 19. Oktober der Bericht zum Naturzustand in der EU von der Europäischen Umweltagentur veröffentlicht. Dabei handelt es sich um die EU-weit durchgeführte umfangreiche Datenerfassung und Dokumentation über den Status und die Entwicklung von Arten und Lebensräumen, die alle sechs Jahre veröffentlicht wird.
Der aktuelle Bericht zeigt den dramatischen Zustand der Natur in der EU auf. Demnach reichen die bisherigen Fortschritte bei weitem nicht aus, um die Ziele der Biodiversitätsstrategie der EU zu erreichen. Die meisten EU-geschützten Arten und Lebensräume in allen Teilen Europas sehen demnach einer ungewissen Zukunft entgegen, wenn künftig nicht weitere dringend notwendige Maßnahmen ergriffen werden, um die Situation umzukehren.
Als größte Bedrohungen für die Natur werden die intensive Landwirtschaft, die Zersiedelung und die nicht nachhaltige Forstwirtschaft genannt. Auch die Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden wirkt sich negativ auf die Lebensräume aus, ebenso wie nicht nachhaltige Jagd und Fischerei, die Veränderung an Flüssen und Seen durch Staudämme und Wasserentnahmen und natürlich der Klimawandel.
Bis zu 81% der Lebensräume befinden sich in einem schlechten Zustand, wobei Moore, Grünland und Dünenlebensräume am stärksten betroffen sind. Laut Exekutivdirektor der Umweltagentur zeigt die Bewertung, dass die Erhaltung der Gesundheit und Widerstandsfähigkeit der Natur und des Wohlergehens der Menschen grundlegende Änderungen erfordert und die Anstrengungen mit einer besseren Umsetzung und Durchsetzung der Naturschutzpolitik einhergehen müssen. (gs)
Quellen:
https://www.eu-umweltbuero.at/inhalt/gruene-woche-zeigt-naturzustand-in-der-eu
eea.europa.eu: Neueste Bewertung zeigt weiterhin gravierenden Rückgang der natürlichen Vielfalt in Europa
https://www.eea.europa.eu/publications/state-of-nature-in-the-eu-2020
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VwGH bestätigt 380kV Genehmigung
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Wie heute, am 20.10.2020, bekanntgegeben, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15.10.2020 im Revisionsverfahren 2019/04/0021u.a. sämtliche Revisionen als unbegründet abgewiesen. Zwar räumte der VwGH mit einigen Seitenhieben auf das BVwG und dessen bekämpftes Erkenntnis ein, dass Feststellungen und rechtliche Beurteilungen "an Klarheit zu wünschen übrig ließen" und auch "Fragen aufwerfen", in der Sache sei nach Ansicht des Höchstgerichts aber alles korrekt gelaufen, weshalb auch eine mangelnde Begründung der Bewilligung durch das BVwG nicht schade.
Für den Bereich des Natur- und Artenschutzes kann dies nach einem ersten Überblick über die Argumentation des VwGH aus Sicht der LUA nicht nachvollzogen werden. Der europarechtliche Artenschutz mit seinen Verboten des Tötens und des Störens von Arten und der Zerstörung ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten ist nachweislich ein "Stiefkind" in Österreich und wird in der Praxis weitestgehend umgangen: in Salzburg gibt es seit Bestand der EU-Richtlinien kein einziges Ausnahmebewilligungsverfahren von den artenschutzrechtlichen Verboten, wie es das EU-Recht aber fordert. Der aktuell von der EU veröffentlichte Bericht über den Zustand der Natur bestätigt dies und zeigt auf, dass die Artenvielfalt in Europa weiterhin gravierend zurückgeht, was auch an der mangelnden rechtlichen und praktischen Umsetzung der Naturschutzrichtlinien liegt.
Im UVP-Verfahren zu diesem bisher größten und umfangreichsten Projekt in den Naturräumen des Bundeslandes Salzburg sind dermaßen viele Betroffenheiten geschützter Arten und ebensoviele ungeklärte Fragen zur Auslegung von Unionsrecht nach der Fauna-Flora-Habitat- und nach der Vogelschutz-Richtlinie (Natura 2000 und Artenschutz) zu Tage getreten, dass es nun doch überrascht, dass der VwGH nicht, wie beantragt, den EuGH angerufen und eine Vorabentscheidung zur Auslegung von Unionsrecht eingefordert hat. Stattdessen erfolgt seit Jahren in den gerichtlichen Entscheidungen ein fragwürdiger Rückgriff auf die Rechtsprechung deutscher Gerichte zum völlig abweichenden deutschen Naturschutzgesetz - auch dazu fehlt bisher eine Rechtsprechung des EuGH. Letztendlich bleibt daher der Eindruck zurück, das Höchstgericht habe unter größtem Druck eine Entscheidung treffen müssen, die nicht immer ganz treffsicher erscheint. Aufgrund der österreichweiten Beispielwirkung der Entscheidung wird sich die Landesumweltanwaltschaft Salzburg daher näher mit dem Erkenntnis und der Begründung des VwGH auseinandersetzen und die Einbringung einer Beschwerde an die EU-Kommission prüfen. (mp)
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Vergleich der Regelungen des Lebensraumschutzes in allen österreichischen Bundesländern
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LUA-Praktikantin Tihana Petricevic
Ergebnisse aus dem diesjährigen LUA-Praktikum von Tihana Petricevic:
Im Salzburger Naturschutzgesetz sind nach § 24 bestimmte Lebensräume ex lege geschützt. Unter diesen Biotopschutz fallen Moore, Sümpfe, Quellfluren, Bruch- und Galeriewälder, Fließgewässer und deren Begleitgehölze, stehende Gewässer, Feuchtwiesen sowie Trocken- und Magerstandorte. Da auch in Bezug auf den Lebensraumschutz immer wieder behauptet wird, dieser sei in Salzburg zu streng, weshalb der Wirtschaftsstandort im Gegenteil zu den anderen Bundesländern einen Nachteil hätte, beschäftigte sich unsere juristische Praktikantin Tihana Petricevic im Juli 2020 mit einem Vergleich des Lebensraumschutzes in allen österreichischen Bundesländern.
Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Lebensräume in den neun Ländern zwar unterschiedlich geschützt sind, indem sich die Lebensraumtypen teilweise unterscheiden und deren Schutzstatus sowie die Möglichkeit von Ausnahmebewilligungen verschieden sind, dass man jedoch nicht behaupten könne, Salzburg würde den strengsten Lebensraumschutz in Österreich aufweisen.
Zusammengefasst sind bezüglich des Schutzstatus in Oberösterreich, Wien und der Steiermark die Lebensräume nur teilweise geschützt, indem hier nur gewisse Vorhaben einer Bewilligung bedürfen. Burgenland, Kärnten, Vorarlberg, Niederösterreich und Tirol sind mit Salzburg vergleichbarer, indem es hier ebenfalls einen gesetzlichen Schutz bestimmter Lebensraumtypen gibt. Am ähnlichsten zu Salzburg ist Vorarlberg, wo hinsichtlich der Mindestgrößen sogar etwas strengere Bestimmungen gelten und außerdem ist es das einzige Bundesland, das Gesteinsblöcke ab einer gewissen Größe unter Schutz gestellt hat.
In Bezug auf Ausnahmebewilligungen kennen alle Bundesländer eine Interessensabwägung gegen andere öffentliche Interessen. Nur in Oberösterreich werden auch private Interessen im Gesetz genannt, wobei eine Abwägung zwischen einem privaten Interesse gegen ein öffentliches Interesse (am Naturschutz) systemwidrig und auch in der Judikatur nur bei damit verbundenen öffentlichen Interessen möglich erscheint. Nur in Salzburg, Niederösterreich und der Steiermark ist es bei Vorliegen von Versagungsgründen u.U. trotzdem noch möglich, eine Bewilligung mit Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen zu erwirken.
Die Arbeit von Tihana Petricevic zeigt, dass der Schutz in den einzelnen Bundesländern Unterschiede aufweist. Da dies jedoch hauptsächlich nicht auf wissenschaftlich nachvollziehbaren Gründen, z.B. wegen geographischer Verschiedenheiten, beruht, sind die jeweiligen Lücken der Bundesländer bei den Schutzbestimmungen zu schließen. Als Vorbild und zur Orientierung müssen dabei die Bestimmungen mit dem effektiveren Schutz gelten. Anstatt sich aufgrund kurzsichtiger wirtschaftlicher Forderungen nach unten zu orientieren, ist für den langfristigen Erhalt selten gewordener Lebensräume vielmehr eine Anhebung des Schutzes notwendig. (gs)
Der Schutz von Lebensräumen im Naturschutz in Österreich - LUA Salzburg 2020
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Geländeverändernde Maßnahmen im Zuge landwirtschaftlicher Verbesserungen auf Kosten des Naturerbes?
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Dieser Luftbildvergleich aus dem Pinzgau offenbart, wie drastisch der Landschaftswandel stattfindet. Zwischen 2002 und 2007 wurden bedeutsame Strukturelemente wie Hecken und Feldgehölze entfernt und Drainagen verlegt. Oftmals betrifft dies gut erreichbare Wiesen, während blütenreiche abgelegene Almen nachteilig für den Naturhaushalt verbuschen. Grafik: SAGIS
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Die Kulturlandschaft Salzburgs ist vielseits geprägt durch traditionelle, häufig noch kleinstrukturierte Landwirtschaft die seit Generationen gepflegt und gestaltet wird. Im Alpenvorland ist diese charakterisiert durch intensiv genutztes Grünland, hin zu den Berggauen und abseits der Talböden prägen jedoch vermehrt extensive Almen und Bergmähwiesen das Landschaftsbild. Den landwirtschaftlichen Entwicklungen und Ansprüchen der Konsumenten sowie Landwirten folgend, fand jeher eine Intensivierung der Landwirtschaft statt. Heute dienen Intensivierungsmaßnahmen vor allem einer betriebswirtschaftlich motivierten Zeitersparnis bei der Flächenbewirtschaftung, mit gravierenden Auswirkungen auf die heimische Kulturlandschaft und die Natur.
Besonders kritisch sind die immer häufiger durchgeführten "geländeverändernden Maßnahmen", die auch Gegenstand naturschutzrechtlicher Verfahren sind. Dabei handelt es sich um ausgesprochene Intensivierungsmaßnahmen, die in den Natur- und Landschaftshaushalt eingreifen. Mithilfe von Baggern, Abtragungen und Aufschüttungen wird das bestehende Relief begradigt. Aus behördlicher und landwirtschaftlicher Sicht werden diese Maßnahmen sogar als „landwirtschaftliche Verbesserungen“ behandelt. Die Folgen für den Naturhaushalt sind aber besonders gravierend, da das natürlich gewachsene Relief und Bodengefüge samt Klima-, Wasser- und Nährstoffverhältnissen der Standorte unwiederbringlich verändert wird.
Eine solche Maßnahme betrifft beispielsweise das Angleichen einer Wiese entlang einer Hangkante oder die Umwandlung einer buckeligen Weidefläche zu einer begradigten Mähwiese. Hangkanten und Kuppen mit trockeneren und mageren Standortbedingungen, die schneller abtrocknen und wo Wasser samt Nährstoffen abrinnt, werden dabei abgetragen. Senken werden aufgefüllt, wodurch feuchte Lebensräume und Standortbedingungen mit unterschiedlichen Bodenwasserverhältnissen, Nährstoffen, Luftfeuchte und Temperaturgradienten verloren gehen. Im Zuge dessen werden außerdem Felsblöcke, Totholz und weitere Lebensraumstrukturen zahlreicher Tierarten entfernt. Das Ergebnis ist dann eine relieflose Fläche, die nach anschließender Begrünung meist eine monotone Pflanzenartenzusammensetzung aufweist. Folglich dominieren Futtergräser und Klee, während an Mager- und Feuchtstandorte angepasste Pflanzenarten und ihre oft seltenen Bestäuber fehlen. Mit einer wirtschaftlich motivierten Maßnahme wird damit auch ein über Jahrhunderte natürlich gewachsenes und gepflegtes Arteninventar einer Wiese, samt wertvollster ökologischer Funktionen, unwiederbringlich zerstört.
Naturschutzrechtlich werden solche „landwirtschaftlichen Verbesserungen“ meist nur beurteilt, wenn die Maßnahmen mehr als 5.000 m² beanspruchen. Denn erst ab dieser Größe wird eine Bewilligungspflicht ausgelöst. Geprüft wird dann, ob durch die entsprechende Maßnahme keine erhebliche Beeinträchtigung auf das Landschaftsbild, den Naturhaushalt, den Charakter der Landschaft oder den Erholungswert entsteht. Auf den Naturhaushalt liegt diese vor, sobald der Lebensraum von Tier- und Pflanzenarten wesentlich beeinträchtigt wird (§ 5 Abs 21 lit d, NSchG). Beim Charakter der Landschaft wird dies meist sogar gleich in mehreren Fällen erreicht. Dies gilt, wenn die natürlich oder naturnah vorkommende Vegetation wesentlich geändert wird (§ 5 Abs 7 lit d, NSchG), typische Bestandteile entfernt werden und dies zu einer wesentlichen Verarmung der Landschaft führen könnte (§ 5 Abs 7 lit b, NSchG) oder wenn die Naturbelassenheit und die naturnahe Bewirtschaftung des Landschaftsraumes wesentlich gestört oder verändert wird (§ 5 Abs 7 lit c, NSchG).
Wenn eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, ist eine Bewilligung nur möglich, wenn Ausgleichsmaßnahmen erbracht werden. In den meisten Fällen werden die Ausführungspläne durch die Antragsteller dann wieder verworfen, da die Kosten der Ausgleichsmaßnahme im Gegensatz zu prognostizierten betriebswirtschaftlichen Gewinnen stehen. Dies macht deutlich, mit welcher Konsequenz unsere Landwirte heute ihre Betriebe führen müssen und zeigt auf, wie bedrohlich diese Situation für unseren Naturhaushalt ist. Denn jene Eingriffe, die auf Grundlage des Naturschutzgesetzes ohne naturschutzrechtliche Beurteilung verübt werden können, somit auch geländeverändernde Maßnahmen unter 5.000 m², werden wohl kaum ausgeglichen und richten dadurch mehr Schaden an, als dass sie kurzfristige Gewinne für Landwirte rechtfertigen und im Interesse der Allgemeinheit stehen können.
Hier braucht es einen grundlegenden Systemwandel, der Landwirt_innen Zukunftsaussichten schafft und eine nachhaltige Bewirtschaftung garantiert. In Zukunft brauchen wir eine Landwirtschaft, die unabhängiger von landwirtschaftlichen Produktionspreisen von Milch oder Fleisch sein muss. Wir brauchen eine Landwirtschaft die vielfältige und traditionelle Landbewirtschaftungsformen fördert und die Pflege unserer Kulturlandschaft und unserer heimischen Biodiversität der Flora und Fauna zum Ziel hat. Hierfür braucht es staatliche Gelder und Förderungen, sodass Besatzdichten reduziert, eine häufige Mahd nicht notwendig und die wichtige Aufgabe der eigentlichen Landbewirtschaftung wieder in den Fokus rücken kann. Denn wer bezahlt sonst für die Erhaltung der Biodiversität, die Erhaltung des Naturhaushaltes, die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen und unserer Kulturlandschaft? Die Preise für billige landwirtschaftliche Produkte sind jedenfalls um ein Vielfaches höher, denn einseitige Ernährung macht krank, künftig notwendige Renaturierungen sind äußerst teuer und auch die Kosten für eine gescheiterte Landwirtschaft tragen zuletzt wir alle als Gesellschaft. (lb)
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Links: Die begradigte strukturarme Fläche grenzt sich sichtlich ab. Rechts: Erosionsrinnen bei einer neuangelegten Fläche. Fotos: LUA (lb)
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Forststraßen fordern Verantwortung seitens Planer_innen und Waldbesitzer_innen
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Im Rahmen von Investitionen in die Infrastruktur für die Entwicklung, Modernisierung und Anpassung der Forstwirtschaft wird die Errichtung von Forststraßen mit 35%iger beziehungsweise in Wäldern mit hoher Schutzwirkung sogar 50%iger Bezuschussung in Salzburg gefördert.
Bei der Errichtung von Straßen und Wegen einschließlich ihrer Nebenanlagen handelt es sich um bewilligungspflichtige Maßnahmen nach § 25 NSchG. In den letzten Jahren sind die Förderungen sehr gerne angenommen worden und zumindest seit meinem Tätigkeitsbeginn bei der LUA Mitte Mai 2020, ist es zu zahlreichen Verhandlungen mit Ortsaugenschein für Neuerrichtungen von Forststraßen gekommen.
Ohne die tatsächliche Notwendigkeit der meisten dieser Forststraßen beurteilen zu können, fiel mir auf, dass hierbei häufig Gebiete erschlossen wurden, die zuvor nur äußerst extensiv genutzt wurden. In den entsprechenden naturschutzrechtlichen Verfahren wurde hierbei häufig mit einer Notwendigkeit, auch im Sinne des Förderprogrammes argumentiert. Dieses dient etwa der Steigerung der Produktivität, der Holzqualität, sowie der effizienteren Leistungserbringung der Waldbewirtschaftung. Ebenso dient es zur unterstützenden Anpassung der Wälder an den Klimawandel und einer Verringerung biotischer Folgeschäden, sowie der Aufrechterhaltung und Verbesserung von Nutz-, Schutz-, Wohlfahrts- und ökologischen Wirkungen.
Die Planung der meisten Vorhaben erschien mir dennoch als äußerst großzügig und überdimensioniert und ich stellte mir die Frage, ob die Eingriffsgrößen dabei negativ durch die hohen Fördersummen beeinflusst werden. Außerdem hinterfragte ich die Gefahr, dass hierdurch Strukturen gefördert würden, die langfristig ermöglichen könnten, dass wirtschaftliche Ziele über ökologische Belange gestellt werden. Ohne dies behaupten zu wollen, stellte sich dieses Gefühl mehrmals während naturschutzrechtlichen Verhandlungen und Begehungen bei mir ein, insbesondere wenn in den Planungen ökologische Belange von offensichtlicher naturschutzfachlicher- und rechtlicher Relevanz nicht vollständig berücksichtigt wurden. Mehrmals waren Trassenführungen unzureichend ausgesteckt und dadurch eine Beurteilung hinsichtlich relevanter Naturschutzgüter durch die Amtssachverständigen der Behörde sowie der LUA nicht eindeutig möglich. Kurzerhand musste dann die Planungsaufgabe vor Ort durch die Behörde mitübernommen werden. Ebenso gab es Vorfälle in denen Eingriffe in geschützte Biotope nicht dargestellt waren. Während dies die Wichtigkeit der Parteistellung der LUA in diesen Verfahren unterstreicht, damit gesellschaftliche Naturschutzinteressen im Sinne des Salzburger Naturschutzgesetzes eingehalten werden, soll an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt sein, dass wir ebenso zahlreiche Vorhaben mit vorbildlicher Planung unterstützen und im Sinne des Naturschutzgesetzes als bewilligungsfähig ansehen.
Wenn eine Erschließung mit Forststraßen notwendig ist, dann müssen jegliche Maßnahmen berücksichtigt werden, die den Eingriff in unsere Wälder so gering wie möglich halten. Für Planer_innen und Waldbewirtschafter_innen heißt dies, Verantwortung zu übernehmen. Dem Wissensstand entsprechend sind naturschutzfachliche Aspekte bei Planung, Neu- oder Ausbau zu berücksichtigen. Gut geplante Forststraßen können beispielsweise naturschutzfachlich wertvolle Sekundärlebensräume für Tiere und Pflanzen bieten, die auch wenn sie den ursprünglichen Lebensraum nicht übertreffen, dann als eingriffsmindernd gewertet werden können.
Für Planer_innen von Forststraßen verweist die LUA auf das Best-Practice-Handbuch „Biodiversität an Forststraßen bei Planung, Bau & Pflege“, herausgegeben von den Österreichischen Bundesforsten. (lb)
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Unsachgemäße Forststraßen und Rückegassen stehen im Widerspruch zum Naturschutz- und Forstgesetz. Foto: LUA (lb)
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Standards für den Artenschutz bei der Zauneidechse veröffentlicht
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Publikation des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) zur Zauneidechse
In vielen Fällen wird bei Naturschutzprojekten davon ausgegangen, dass Vorkommen von geschützten Amphibien und Reptilien einfach aus dem Eingriffsbereich abgesiedelt werden, damit eine Bewilligungsfähigkeit für ein Vorhaben erwirkt werden kann. Es hat sich aber gezeigt, dass dies in manchen Fällen gar nicht so einfach ist. Gerade bei der Zauneidechse gibt es Beispiele in denen Umsiedlungen zu massiven Rückgängen bzw. zum Aussterben der Population geführt haben.
Denn diese heimische Eidechse stellt aufgrund von Besonderheiten in der Biologie und im Verhalten große Anforderungen, was Kartierung, Planung und Umsiedlung betrifft. Neben den Lebensraumansprüchen müssen Revierverhalten der Männchen und Konkurrenz, die unterschiedlichen Aktivitätszeiten der Geschlechter und Altersklassen, aber auch die hohe Gebietstreue und die Empfindlichkeit der Tiere beim Fangen berücksichtigt werden.
Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat nun eine Arbeitshilfe zur Zauneidechse veröffentlicht, in der die Standards für Erhebung, Lebensraumgestaltung und auch Umsiedlung zusammenfasst werden. Diese Publikation stellt den aktuellen Stand der Technik und des Wissens dar. (sw)
Bayerisches Landesamt für Umwelt (2020): Arbeitshilfe zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung - Zauneidechse - Relevanzprüfung-Erhebungsmethoden-Maßnahmen 36 pp.
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Personelle Veränderungen im amtlichen Naturschutz und bei der LUA
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Hofrat Prof. Dipl.-Ing. Hermann Hinterstoisser ist nach jahrzehntelanger Arbeit im Naturschutz und als Leiter des Referats Naturschutzgrundlagen und Sachverständigendienst beim Amt der Salzburger Landesregierung mit Anfang Oktober in die wohlverdiente Pension gegangen. Wir danken ihm für die Unterstützung und seinen wichtigen, unverzichtbaren Beitrag zum Schutz der Natur und wünschen ihm alles Gute für den neuen Lebensabschnitt.
Gleichzeitig gratulieren wir Dipl.-Ing. Simon Klingler zu seiner Nachfolge und wünschen ihm alles Gute für die Fortführung der wichtigen Aufgabe.
Unserer Vegetationsökologin Susanne Popp-Kohlweiss, MSc, gratulieren wir zum Nachwuchs, der Ende August zur Welt kam. In ihrer Karenz wird sie hervorragend von Lukas Bofinger, MSc, vertreten, der einen erfrischend neuen Blick von außen mitbringt. Obwohl Susi nun mit ihren beiden Söhnen alle Hände voll zu tun hat, kann sie sich doch nicht von ihrer Arbeit zum Lebensraumschutz losreißen. Hier möchte ich noch die Worte von Hermann Hinterstoisser an sie vor Antritt ihres Mutterschutzes wiedergeben: „Da Naturschutz vor allem wichtig ist für unsere Nachkommen, ist es auch gut, dass wir welche haben, sonst wäre es sinnlos.“ (gs)
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Foto: Susanne Popp-Kohlweiss
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