LUA-Notizen 3/2024
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LUA-Notizen

LUA-Notizen 3/2024

In diesem Newsletter

■ Editorial

■ Trifft das „Landes-Umwelt-Amt“ „missbräuchliche“ „Entscheidungen“?

■ Schlechte Recherchen führen zu Fehlinformationen zum Schaden der Natur – Zur Aussendung „WKS begrüßt Novelle zum Naturschutzgesetz“

■ Übersicht über die bereits durchgeführte und geplante Streichung von bisherigen Mitspracherechten der Natur

■ Folgen und Auswirkungen der aktuellen NSchG-Novelle auf die Naturschutzverfahren

Editorial

(c) Gishild Schaufler, Umweltanwältin

Zu den jüngsten Entwicklungen im Salzburger Naturschutz

Für den nachhaltigen Erhalt unserer Natur für unsere künftigen Generationen müssen wir zahlreiche Hindernisse überwinden. Schäden an der Natur entstehen nicht nur durch den fortschreitenden Naturverbrauch aufgrund ihrer gewohnt kostenlosen und selbstverständlichen Nutzung oder gar durch Umweltdelikte. Schäden an der Natur entstehen auch durch Greenwashing als Werbung bzw. zur Beruhigung unseres Gewissens sowie durch die unreflektierte Verbreitung und Weiterverbreitung von Fehlinformationen. Durch die Wiederholungen werden die in den letzten Jahren vielfach gestreuten Behauptungen zwar nicht wahr, aber sie führen zu einem gewissen Meinungsbild, das nicht mehr den Fakten entspricht. Das hindert uns alle zusätzlich das eigentliche Problem anzuerkennen und endlich langfristig notwendige und effektive Lösungen in Angriff zu nehmen.

Während Ende Oktober im kolumbianischen Cali die Weltnaturkonferenz stattfand, wurde in Salzburg die Schwächung der Natur und ihrer Vertretung weiter vorangetrieben. Der in den letzten beiden Ausgaben kommentierte Entwurf zur Naturschutzgesetz-Novelle für Erneuerbare Energien RED III (LUA-Notizen 1/2024), der sodann noch um eine allgemeine Abschwächung des Lebensraumschutzes erweitert wurde (Die letzten Blumenwiesen, Schmetterlinge und Wildbienen - Zur geplanten Abschwächung ihres Schutzes im neuen NSchG-Entwurf; LUA-Notizen 2/2024), ist seit 1. November in Kraft.

Mitte Oktober wurde bereits der nächste Entwurf in Begutachtung geschickt, der eine weitere Abschwächung des Schutzes der Natur und der Rechte ihrer Vertretung vorsieht (siehe Übersichtsartikel über die Streichung von Rechten). Insbesondere ist der Verlust der Parteistellung der LUA in den schutzwürdigeren Landschaftsschutzgebieten und in artenschutzrechtlichen Feststellungsverfahren geplant, ebenso wie der Entfall des Revisionsrechts der LUA in allen übrigen Verfahren. Entgegen der Argumentation einer damit verbundenen Vereinfachung und Beschleunigung, wird aber durch die aktuell geplanten Änderungen der Verwaltungsaufwand für die Behörden erhöht (siehe Artikel über die Auswirkungen der Novelle). Der künftig einseitig für die Natur verwehrte Zugang zum Höchstgericht wird das ohnedies bestehende Ungleichgewicht in den Verfahren weiter verstärken. Da Revisionen auch bisher auf Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt waren und von der LUA im Schnitt auch nur in ca. 2 von 800 Verfahren pro Jahr erhoben wurden, trägt diese Einschränkung auch nicht zur Beschleunigung von Verfahren bei.

Die vielen Fehlinformationen, die in den letzten Jahren stetig gestreut wurden, haben leider dazu geführt, dass ein komplett falsches Bild über die LUA verbreitet wurde, sie würde alles blockieren und verzögern. Dies hat bei Projektwerbern zu „Angst“ vor und bei Projektgegnern zu großen Erwartungen in die „Macht“ der LUA geführt, die sie gar nicht hat (siehe Artikel über das „LUA-Amt“). Solche Fehlinformationen bzw. schlecht oder nicht recherchierte Aussendungen und deren unreflektierte Weiterverbreitung führen aber zum Schaden an der Natur (siehe Artikel zur WKS-Aussendung).

Zeitgleich zur aktuellen Gesetzesbegutachtung ist nun die Stelle der Landesumweltanwältin ausgeschrieben, wobei meine 5jährige Funktionsperiode eigentlich bereits seit Ende März ausgelaufen ist. Seitdem führe ich die Geschäfte auf Grundlage des LUA-G bis zu einer neuen Bestellung weiter. Da mich aufgrund der Ausschreibung Fragen von Medien und unterschiedlichen Personen ereilten, ob ich mich wieder bewerbe und die Arbeit mit den geänderten Bedingungen überhaupt noch einen Sinn macht, möchte ich auch hier kurz meine Beweggründe teilen.

Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es natürlich immer einen Sinn ergibt, sich für die Natur einzusetzen. Ich finde die Einschränkungen zwar nicht gut, denn unsere Natur und Umwelt sind in Bedrängnis. Aber wir können etwas tun und auch im neuen gesetzlichen Rahmen gibt es noch Möglichkeiten die Natur zu vertreten. Es geht hier nicht um meine Person oder die Institution, sondern um die Sache, um die Natur und ihren Erhalt als Lebensgrundlage für unsere Kinder und Enkelkinder.

Da sich die Natur nicht selbst vertreten kann, braucht sie einen Vertreter, der ihr eine Stimme gibt. Ich werde sie nicht auch noch selbst einer professionellen, fachkundigen Stimme berauben. Daher werde ich mich mit voller Überzeugung und im Bewusstsein über die Wichtigkeit dieser Aufgabe wieder bewerben. Ich möchte mich auch weiterhin im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten und nach dem gesetzlichen Auftrag für die Natur einsetzen. Auch wenn sich die rechtlichen Bedingungen ändern, gibt es noch genug zu tun und ich möchte meine langjährige Erfahrung und Expertise weiterhin bereitstellen, weil es sich lohnt.

Gishild Schaufler, November 2024

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Trifft das „Landes-Umwelt-Amt“ „missbräuchliche“ „Entscheidungen“?

Foto: G. Schaufler

Mögliche Antworten zu missverständlichen Einordnungen der Tätigkeit der LUA in jüngsten Zuschriften

Gerade in den letzten Wochen, befeuert durch die (mediale) Verbreitung unwahrer Anschuldigungen, haben die Landesumweltanwaltschaft viele unterstützende aber auch einige abwertende Zuschriften erreicht, die offensichtlich von einem uninformierten Bild der Institution und der Tätigkeit der Landesumweltanwaltschaft ausgehen. In der Folge wird daher versucht mögliche Antworten auf diese augenscheinlichen Missverständnisse zu geben:
 

Was die Landesumweltanwaltschaft NICHT ist:

  • Sie ist keine Behörde und kein „Amt“ (sondern eine Formalpartei),
  • hat keine hoheitliche Entscheidungsgewalt,
  • trifft also keine Entscheidungen und macht keine Bescheide und
  • verhängt keine Strafen.
     

Natur und Umwelt – Schutz ohne Rechtspersönlichkeit

Natur und Umwelt sind durch gesetzliche Vorschriften geschützt, die gleichzeitig auch dem Schutz und dem Überleben des Menschen dienen. Der Schutz der Natur und Umwelt dient somit u.a. auch der Sicherstellung von ausreichendem und sauberen Trinkwasser, von sauberer Luft, der Ernährungssicherheit (Verfügbarkeit von Wasser, Schutz vor Schadstoffen, Bestäuberleistungen für landwirtschaftlich produzierte Lebensmittel, etc) und der Sicherstellung eines dafür erforderlichen funktionierenden Ökosystems.

Andererseits werden „die Natur“ und „die Umwelt“ durch den Menschen regelmäßig kostenlos in Anspruch genommen. Sie können sich dagegen aber nicht selbst wehren, weil sie selbst sprachlos und in unserem Rechtssystem keine Rechtspersonen sind.
 

Die Landesumweltanwaltschaft als „Kurator“ von Natur und Umwelt

  • ist der „Anwalt“ bzw gesetzliche „Sachwalter“ von Natur und Umwelt und vertritt ihre gesetzlich geschützten Interessen (Naturschutz, Umweltschutz) für alle Lebewesen, auch für die Menschen.
    So wie manche Menschen in besonderen Umständen ihre Alltagsgeschäfte nicht mehr selbst erledigen können, braucht auch die sprachlose Natur einen „Kurator“, der sich um ihre Rechte und Interessen kümmert.
    Diese Rechte und Interessen von Natur und Umwelt sind in Gesetzen vorgegeben und geschützt (Schutz von Mooren, Landschaft, Pflanzen und Tierarten etc).
     
  • Die LUA vertritt die Natur und Umwelt mit eigenen unabhängigen, fachlich ausgebildeten und praktisch erfahrenen Sachverständigen (Ökologie, Vegetationskunde, Tierkunde, Landschaftsbeurteilung, etc) und Juristen;
     
  • kann sich als „anwaltliche“ Vertretung von Natur und Umwelt im Rahmen von Behördenverfahren auch an Gerichte wenden, so wie sich auch jede Bürgerin und jeder Bürger gegen einschneidende Entscheidungen mit einem Rechtsanwalt bei Gerichten beschweren kann;
     
  • hat keine „MACHT“, sondern übt RECHTE aus. Die Zielsetzungen und öffentlichen Interessen von Natur- und Umweltschutz sind gesamtgesellschaftlich anerkannt und daher in Gesetzen sowie in der Landes- und auch in der Bundesverfassung geregelt;
     
  • die „anwaltliche“ Durchsetzung dieser Zielsetzungen für Natur und Umwelt
    • erfolgt nicht willkürlich oder missbräuchlich, sondern fachlich begründet,
    • erfolgt nicht einseitig „herrschaftlich“, sondern im Rahmen der Gesetze,
    • erfolgt nicht mit Zwangsmitteln und nicht mit Strafdrohungen, sondern im behördlichen Verhandlungsweg und im gegenseitigen Austauschverhältnis mit fallweisen Möglichkeiten zu Kompromissen (Auflagen, Ausgleichsmaßnahmen), soweit dies fachlich und rechtlich vertretbar ist;
  • Personen (z.B. Menschen oder Unternehmen), die in die gesellschaftlich geschützten Interessen von Natur und Umwelt eingreifen wollen, brauchen dafür eine Bewilligung einer Behörde. Diese Personen können sich gegen Entscheidungen einer Behörde bei Gericht und gegen Urteile eines Gerichts beim Höchstgericht beschweren und zur Wehr setzen. Die Landesumweltanwaltschaft hingegen ist gesetzlich bestellter „Anwalt“ und kann sich auch gegen Entscheidungen einer Behörde an das Gericht wenden. Sie selbst ist aber keine Behörde und trifft keine Entscheidungen.
     
  • Personen, die sich nicht an die gesetzlichen Regeln halten, müssen mit der Durchsetzung von Konsequenzen durch Behörden rechnen. Die Landesumweltanwaltschaft ist keine Behörde und verhängt keine Strafen.
     
  • Natur und Umwelt benötigen die gleichen Verteidigungsrechte wie die Personen, die in die Natur oder Umwelt eingreifen wollen. Ohne Gleichheit dieser Verteidigungsrechte bleiben Natur und Umwelt am Ende benachteiligt und schutzlos zurück.
     
  • Neben der Landesumweltanwaltschaft gibt es noch andere „Kuratoren“, die sich um die Interessen von Natur und Umwelt kümmern: Umweltorganisationen bzw NGOs. Deren Rechte sind aber beschränkt auf Europarecht (Europaschutzgebiete, EU-Artenschutz etc). Sie sind daher keine umfassenden Vertreter von Natur und Umwelt und dürfen bei Eingriffen in unsere heimische Natur nicht tätig werden, insbesondere bei Eingriffen in geschützte Lebensräume wie Moore, Sümpfe, Quellen, Bäche, Flüsse, Seen, Wiesen, Wälder, Berge, Landschaft etc.
     
  • Die Ausübung der Vertretungsrechte für Natur und Umwelt erfolgt – im Gegensatz zur parteipolitischen Interessenverfolgung – nicht politisch-ideologisch, sondern ausschließlich sachlich und auf Basis wissenschaftlicher Beweise und muss den Prüfstand der fachlichen und rechtlichen Beurteilung durch Behörden und Gerichte bestehen.
     
  • Die Änderung von gesetzlich geregelten Rechten der LUA ist daher keine „Entmachtung“, sondern vielmehr eine Beschränkung der Rechte der Natur und damit eine „Entrechtung“ der Natur und der Umwelt selbst, mit dem Ziel, dass sich Natur und Umwelt gegen Eingriffe in ihre Interessen mithilfe eines Anwalts bzw Sachwalters nicht mehr wehren können. Dadurch werden zentrale öffentliche Interessen der Natur staatlich beseitigt.
     

Es geht nicht um die „Entmachtung“ der LUA, sondern um die „Entrechtung“ von Natur und Umwelt

Wir Menschen sehen die unentgeltliche Nutzung der Ökosystem-Dienstleistungen der Natur als selbstverständlich an. Im Lauf der Geschichte hob sich der Mensch immer mehr aus dem natürlichen System heraus und nimmt immer weniger Rücksicht auf die Begrenztheit der natürlichen Ressourcen. Wenn er nicht bereit ist, sich einzuschränken oder etwas zurückzugeben, kommt es immer mehr zur Übernutzung, die zu Lasten aller und der künftigen Generationen geht.

Dabei stellen sich insbesondere folgende wichtige und für die Zukunft zu beantwortende Fragen:

  • Soll die Natur (Berge, Wälder, Wiesen, Flüsse, Moore, und daraus entspringendes sauberes Wasser, Luft und Lebensgrundlagen) dem Menschen möglichst unbeschränkt und ohne Ausgleich zur Verfügung stehen?
  • Soll die Natur von unserer Generation bereits aufgebraucht werden oder für die künftigen Generationen noch zur Verfügung stehen?
  • Sollen die in der Natur (länger als der Mensch) lebenden Arten dem Menschen weichen müssen und in letzte Restlebensräume verdrängt werden?
  • Soll sich die Natur gegen schwerwiegende Eingriffe wehren dürfen?

Bei den jüngsten Gesetzesnovellen geht es daher nicht in erster Linie um die Institution „LUA“, die nur die Rechte der Natur wahrnimmt und konsequent vertritt.  Im Kern werden nicht der LUA, sondern „der Natur“ Mitspracherechte und Verteidigungsrechte entzogen (siehe Übersicht), die von Politikergenerationen Jahrzehnte zuvor mit überschwänglichen Begründungen über deren Notwendigkeit für Natur und Mensch eingeführt wurden und die schon damals eine neue „Naturschutzgesinnung“ über den Wert der Natur für die Menschen eingefordert haben. Die Natur wird nun „entrechtet“ und die mutig vorausblickende Vergangenheit rückabgewickelt. Der aktuelle Gesinnungswandel erleichtert nicht nur Eingriffe in die Natur, sondern gefährdet auch die Lebensgrundlagen insbesondere der nachkommenden Generationen von Menschen. Mit dieser Gesetzesänderung  steigt auch die Verantwortung des einzigen verbleibenden Gerichts, dem LVwG Salzburg, für den Erhalt der Lebensgrundlagen zugunsten unserer Nachfahren. (mp)

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Schlechte Recherchen führen zu Fehlinformationen zum Schaden der Natur – Zur Aussendung „WKS begrüßt Novelle zum Naturschutzgesetz“

Foto: G. Schaufler

Neben Greenwashing stellt auch die Verbreitung von Fehlinformationen eine Gefahr für die Natur und ihren effektiven Schutz dar. Sowohl in der Vergangenheit als auch aktuell wurden bzw. werden von großen Interessenvertretungen immer wieder nicht oder schlecht recherchierte Informationen verbreitet, die ein falsches Bild erzeugen und so zum Schaden für die Natur führen.

Ein aktuelles Beispiel dafür war die Pressemeldung bzw. der Artikel in der Salzburger Wirtschaft Nr. 19/2024 der Salzburger Wirtschaftskammer (WKS) im vergangenen Oktober [1]. Darin wurden im Wesentlichen vier auch in der Vergangenheit immer wieder wiederholte Behauptungen aufgestellt, die dadurch zwar nicht wahr, aber immer weiterverbreitet werden und zulasten der Natur und damit unserer Lebensgrundlage gehen. Zur Richtigstellung erfolgt eine Kommentierung dieser vier Behauptungen.

1. „In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Genehmigungsverfahren durch das höchstgerichtliche Revisionsrecht der LUA verzögert, obwohl in den ersten Instanzen natürlich naturschutzrechtliche Aspekte umfangreich berücksichtigt wurden.“

Ein Blick in die Tätigkeitsberichte der LUA und Verfahrensstatistik reicht aus, um zu sehen, dass von ca. 700-800 Verfahren, die pro Jahr zur LUA gelangen, in durchschnittlich 400 die Parteistellung wahrgenommen wird. Seit Einführung der Verwaltungsgerichte 2014 wurden jährlich im Schnitt 10 Beschwerden (siehe Abb. 1) und durchschnittlich in nur 2 Verfahren Revision (siehe Abb. 2) erhoben. Daraus ergibt sich, dass von allen Verfahren, die bisher zur LUA kamen, in weniger als 2% Beschwerde und in weniger als 1% Revision erhoben wurde. Zudem war die Revision auch bereits bisher auf Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt.

Erfolge der LUA in 80% ihrer Beschwerdeverfahren widerlegen auch die Behauptung der WKS, dass die naturschutzrechtlichen Aspekte bereits in den ersten Instanzen umfangreich berücksichtigt worden seien, denn dann hätte das Verwaltungsgericht keine Notwendigkeit für Abänderungen der Bescheide erkannt. Dazu muss noch einmal festgehalten werden, dass es nicht immer um eine Versagung geht, sondern um Projektverbesserungen im Sinne der Natur z.B. durch Eingriffsminderungen und Ausgleichsmaßnahmen.

Ebenfalls interessant ist die Statistik der abgeschlossenen Verfahren, in denen es in 97% zu Bewilligungen und nur in 1% zu Versagungen bzw. in 2% zu Zurückweisungen aus formellen Gründen kam. Das widerlegt die ständigen Behauptungen, der Naturschutz sei überschießend und eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort.

2. „Als aktuelles negatives Beispiel in Zusammenhang mit der Ausübung dieses Rechts ist die weitgehende Stilllegung der Baustelle für das Salzachkraftwerk Stegenwald zu nennen.“

Beim Kraftwerk Stegenwald handelt es sich um das einzige Verfahren zu einer Anlage zur Erzeugung Erneuerbarer Energie, in dem die LUA Revision erhoben hatte. Verzögerungen in diesem Projekt gab es jedoch nicht durch die LUA. Dieses Kraftwerk war seit jeher umstritten. Die Hochwertigkeit der Strecke wurde bereits seit den 1990er Jahren durch die Gesamtuntersuchung Salzach (GUS) bestätigt, die durch das Österreichische Institut für Raumplanung (ÖIR) im Auftrag der Salzburger Landesregierung durchgeführt wurde und nach dem damaligen Landeshauptmann, Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Präsident der Arbeiterkammer, Umweltanwalt und Vorstandsdirektor der Tauernkraftwerke AG ein in seiner Größenordnung und Bedeutung besonderes, wissenschaftliches Gemeinschaftsprojekt darstellte. Zum Abschnitt Tenneck – Luegwinkel wurden darin Voruntersuchungen von SAFE und TKW zur Nutzung der Wasserkraft erwähnt. „Allerdings werden diese Projektideen aufgrund der Ergebnisse der auf die Naturraumausstattung und -qualität ausgerichteten GUS-Untersuchungen wegen des großen Konfliktpotentials, das sich abgezeichnet hat, nun nicht mehr weiter verfolgt“ [2].

Aus der Bescheidbegründung des Naturschutzbescheides 2021 geht hervor, dass der Antrag im Naturschutzverfahren 2016 gestellt wurde, allerdings aufgrund unvollständiger Unterlagen erst 2020 eine Verhandlungsreife gegeben war. Bis dahin war die LUA noch gar nicht eingebunden worden. Die LUA wurde daher erstmalig 2020 vom Naturschutzverfahren verständigt und zur Verhandlung geladen. Im Jahr 2021 erging der Bescheid gegen den die LUA Beschwerde erhob und 2022 das Erkenntnis des LVwG. Dagegen erhob die LUA Revision und bekam 2024 vom VwGH in Bezug auf den Artenschutz und die Erhebungs- und Ermittlungsmängel, auf die sie von Beginn an hingewiesen hatte, Recht. Mit dem vorherigen Baubeginn 2023 ist der Projektwerber zwar bewusst ein Risiko eingegangen. Da die Revision keine aufschiebende Wirkung hatte, kann aber auch nicht von einer Verzögerung gesprochen werden. Mittlerweile wurde auch der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt, sodass auch aktuell weitergebaut wird.

Es gibt aber viele andere Verfahren zu Anlagen zur Erzeugung Erneuerbarer Energie, die – auch mit Beteiligung der LUA – innerhalb von 1-2 Jahren schnell abgehandelt wurden und bereits in der ersten Instanz zum Abschluss kamen, wie z.B. die Talsperrenerhöhung der Limbergsperre in Kaprun oder die Kraftwerke Rotgülden und Sulzau, um nur ein paar wenige davon zu nennen, belegen.

3. „Um die für den Wirtschaftsstandort so wichtige weitere Verbesserung der Infrastruktur insgesamt zu ermöglichen, wird es notwendig sein, das Revisionsrecht der LUA überhaupt in allen Verfahren zu beseitigen … Effiziente, transparente und vor allem rechtssichere Genehmigungsverfahren erleichtern Investitionen …

Bereits aus den Ausführungen unter Punkt 1) und der Statistik ergibt sich, dass das Revisionsrecht der LUA nicht der (naturverträglichen) Verbesserung der Infrastruktur entgegensteht.

Effizienz wird hier nur einseitig für den Projektwerber gesehen und bedeutet offenbar „schnell um jeden Preis“, auch wenn dies auf Kosten von Qualität für Natur und künftige Generationen geht.

Zur Transparenz muss darauf hingewiesen werden, dass das Verwaltungsverfahren nicht öffentlich ist und erst durch ein Mehrparteienverfahren (z.B. durch Beteiligung der LUA) eine gewisse Transparenz entsteht. In der bisherigen jüngeren Geschichte des Verwaltungsverfahrens betraf das Problem der Transparenz bzw. Intransparenz ja zumeist nicht den Projektwerber, der ohnedies Partei im Verfahren ist und Akteneinsicht hat, sondern vielmehr die Öffentlichkeit, die keine Information erhielt.

Zu den rechtssicheren Genehmigungsverfahren ist darauf hinzuweisen, dass Rechtsstaat und Rechtskraft zu Rechtssicherheit für alle führt, im Gegensatz zur einseitigen Entrechtung von Parteien. Die hier von der WKS offenbar gemeinte Rechtssicherheit im Sinne des einseitigen Entzugs des Revisionsrechts der gesetzlichen Vertretung der Natur, sodass nur mehr Projektwerber Entscheidungen vom Höchstgericht überprüfen lassen können, wäre ein Rückschritt für Rechtsstaat, Natur und Allgemeinheit.

4. „Das bedeutet nicht, dass ohne das Revisionsrecht der LUA der Naturschutz zu kurz kommen würde, weil neben der LUA auch NGOs, der behördliche Naturschutz und Sachverständige an den Verfahren beteiligt sind und das Landesverwaltungsgericht weiterhin angerufen werden kann.“

Diese Aussage spiegelt ein eklatantes Missverständnis der unterschiedlichen Rollen und notwendigen Rollentrennung von LUA, NGOs, Behörde und Amtssachverständigen wider. Die Aufgaben der LUA können weder durch die NGOs noch durch Behörden oder Amtssachverständige erledigt werden, weil sie unterschiedliche Rollen im Verfahren haben.

Die Öffentlichkeitsbeteiligung der NGOs beschränkt sich auf wenige Einzelverfahren ausschließlich nach EU-Recht. Es handelt sich dabei um wichtige Einrichtungen, jedoch können NGOs die LUA nicht ersetzen, weil sie nicht die gleichen Rechte, Ressourcen und Zugänge zu den Verfahren haben und je nach Organisation auch Eigeninteressen verfolgen. Dagegen erfüllen die gesetzlich eingerichteten unabhängigen LUAs eine öffentliche Aufgabe, die nicht aus der staatlichen Verantwortung auf Privatinitiativen, Vereine und Ehrenamt abgewälzt werden kann.

Den „behördlichen Naturschutz“ repräsentiert die Behörde im Naturschutzverfahren. Sie trifft „nur“ die Entscheidung über die Bewilligung auf Basis von Sachverständigengutachten sowie ihrer Auslegung der rechtlichen Bestimmungen und kann daher nicht gleichzeitig Partei für die Natur sein. Die LUA als Formalpartei hat im Verfahren hingegen die Rolle der Anwältin der Natur zur Herstellung der Prozesstrias im Naturschutzrecht [3], um die Perspektive der Natur aus fachlicher Sicht im Verfahren einzubringen und um ihr zu ihrem Recht zu verhelfen.

Ebenso wenig wie die Behörde, kann der Amtssachverständige Partei für die Natur sein, weil er neutral zur fachlichen Begutachtung bestellt ist und weder Rechtsfragen beantworten darf noch Durchsetzungsrechte bei Übergehen seines Gutachtens hat. Zudem hat er auch keine Mitsprache bei der Abwägung gegen andere öffentliche Interessen. Durch den VfGH wurde bereits 2000 eindeutig klargestellt, dass die "Stellung eines - im Konflikt zwischen Privatinteressen und Interessen des Naturschutzes - objektiven Sachverständigen ... mit der Stellung einer Amtspartei nicht vereinbar" ist [4]. Die Wahrnehmung unterschiedlicher Aufgaben kann nicht von ein- und derselben Person sachgerecht erfüllt werden ohne in einen unauflösbaren Rollenkonflikt zu geraten. (gs)

[1] https://www.wko.at/sbg/news/19-2024-web.pdf

[2] Österreichisches Institut für Raumplanung (1996): GUS – Gesamtuntersuchung Salzach – Gesamtübersicht und Kurzfassungen der Teiluntersuchungen der Teile A „Basisuntersuchung“ und B „Regionalstudie“, Wien. Bericht im Auftrag der Salzburger Landesregierung.

[3] Karl Weber, 2007: Die Umweltanwälte und Umweltanwaltschaften der österreichischen Bundesländer: Eine rechtliche und umweltpolitische Bilanz. In Herbert Dachs & Roland Floimair (Hrsg.): Salzburger Jahrbuch für Politik 2007, Schriftenreihe des Landespressebüros, Serie „Sonderpublikationen“, Nr. 180, Residenz Verlag, Salzburg, S. 102-120.

[4] VfGH VfGH 01.12.2000, G88/00

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Übersicht über die bereits durchgeführte und geplante Streichung von bisherigen Mitspracherechten der Natur

Foto: G. Schaufler

Ausgelöst durch vermutlich einzelne Anlassfälle (Verfahren, Beschwerden an die Politik) und ohne vorherige gemeinsame Besprechung und Analyse dieser Fälle beabsichtigt die Landesregierung weitreichende Partei- und Verteidigungsrechte der Natur zu streichen. Die jüngsten Novellen schränken die Mitspracherechte der Natur als Partei, vertreten durch die Landesumweltanwaltschaft, insbesondere zu folgenden ausgewählten Punkten ein:

  • Streichung der Mitsprache und Parteistellung bei geschützten Lebensräumen im bereits gewidmeten Bauland (Entfall des Schutzes von Mooren, Sümpfen, Gewässern etc im Bauland bereits beschlossen; § 24a) und
  • bei rund 80% aller im Land Salzburg vorkommenden Trocken- und Magerstandorten (Entfall des Schutzes für Wiesenlebensräume bis 75% Deckungsgrad der Magerkeitszeiger bereits beschlossen; § 24, geschützte Lebensräume, insb. Insekten- bzw Schmetterlings-Lebensräume).
  • Streichung der Mitsprache und Parteistellung in Landschaftsschutzgebieten (LSG; § 18, überwiegend Berg- und Seenlandschaften) und
  • bei Gesamtprojekten: durch den Entzug der Mitspracherechte in LSG kann an Verfahren zu Projekten im Grenzbereich nur noch zu Teilprojekten bis zur LSG-Grenze teilgenommen werden (Bsp Forststraßen, Bauten, Steinbrüche etc).
  • Sind von einem Projekt im LSG aber geschützte Lebensräume betroffen (§ 24 Moore, Sümpfe, Quellfluren, Gewässer etc), dann darf am Verfahren nur zu diesen geschützten Lebensräumen teilgenommen werden. Die Natur hat nur noch eine Mitsprache zu bestimmten Projektteilen, aber nicht mehr zum Gesamtprojekt.
  • Streichung der Beurteilung der Gesamtauswirkungen eines Projektes: bisher wurde der Umfang von Ausgleichsmaßnahmen für nicht von vornherein zu versagende Projekte – differenziert nach der Schwere des Eingriffs der einzelnen Projektteile („keine“ Auswirkungen bis „außerordentlich hohe“ Auswirkungen) – bezogen auf die „nachteiligen Auswirkungen“ des Gesamtprojekts beurteilt. Zukünftig müssen Ausgleichsmaßnahmen (§ 51) nur noch für besonders schwerwiegende Teil-Eingriffe vorgeschrieben werden. Der Gesamteingriff wird dabei nicht mehr berücksichtigt und auch nicht mehr ausgeglichen, obwohl der Natur mit der Umsetzung des Vorhabens de facto mehr Flächen entzogen werden, als ausgeglichen werden. Dies würde zu effektiven Substanzverlusten für die Natur führen und widerspräche auch den Interessen des Naturschutzes iSd § 1 NSchG mit der Zielsetzung des Erhalts, der nachhaltigen Sicherung und der Verbesserung und Wiederherstellung der Natur durch Schutz- und Pflegemaßnahmen. Der Großteil der Naturschutzverfahren im Bundesland Salzburg wird ohne Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen abgeschlossen, obwohl auch damit „nachteilige Auswirkungen“ für die Natur allein durch den Flächenverlust verbunden sind. Es ist daher jedenfalls sachlich gerechtfertigt in jenen Fällen, in denen durch ein Projekt die Schwelle zur Ausgleichspflicht – wenn auch nur in Teilbereichen – überschritten wird, das Gesamtprojekt „insgesamt“ hinsichtlich aller „nachteiligen Auswirkungen“ auszugleichen. Am Ende bleibt auch bereits im bestehenden System die Gesamt-Bilanz aller tatsächlich bewilligten „nachteiligen Auswirkungen“ auf die Natur unausgeglichen, geht also insgesamt zu Lasten der Natur. Es ist daher gerecht, wenn jene Vorhaben, die stärkere Auswirkungen auf die Natur haben, voll ausgeglichen werden. Genau dies soll zukünftig aber ebenfalls nicht mehr erforderlich sein, weshalb die Natur noch stärker an Substanz verlieren wird als bisher.
  • Entfall der Mitsprache und Parteistellung bei der Erstellung und Beurteilung von Artenschutzkonzepten im Rahmen geplanter Eingriffe in Fortpflanzungs- und Lebens- bzw Überwinterungsstätten geschützter Arten (§ 49 Feststellungsverfahren). NGOs können die daraufhin erlassenen Feststellungsbescheide weiterhin erst nachträglich bei Gericht anfechten, sind daher zuvor auch nicht eingebunden und können sich vor Bescheiderlassung nicht äußern.
  • Verlust der Mitsprache und Parteistellung in Anzeigeverfahren betreffend:
    • Hecken (Landschaftsgliederung, Artenvielfalt),
    • Reklame- und Ankündigungsanlagen,
    • Geländeveränderungen auf Almen und in der Alpinregion,
    • Antennentragmastanlagen (Handymasten),
    • Laser-Einrichtungen im Freien,
    • Straßen und Wege für EEAs (PV, Windkraft, Wasserkraft),
    • Netzanbindung und Speicheranlagen für EEAs (PV, Windkraft, Wasserkraft)
  • sowie in Bauverfahren betreffend:
    • Tribünenanlagen,
    • Flutlichtbauwerke,
    • Traglufthallen,
    • Windkraftanlagen,
    • Zeltanlagen >50m²,
    • Aufstellung von Wohnwagen etc außerhalb eines Campingplatzes,
    • bestimmte landwirtschaftliche Bauten,
  • in Verfahren betreffend landwirtschaftliche Güterwege und Seilbahnen,
  • in LEG-Verfahren betreffend Stromerzeugungsanlagen mit erneuerbarer Energie und
  • in Flurbereinigungs- und Zusammenlegungsverfahren (inkl. UVP-Parteistellung).
  • In allen Verfahren entfällt das Recht auf höchstgerichtliche Überprüfung von Entscheidungen. Damit wird die verfahrensrechtliche „Waffengleichheit“ zwischen Personen, die in die Natur eingreifen möchten und der sprachlosen und auf Vertretung angewiesenen Natur beseitigt. Somit kommt dem Landesverwaltungsgericht Salzburg in Zukunft insofern eine besonders hohe Verantwortung zu, weil es dann ermächtigt ist, in strittigen Grenzfällen als faktisch letzte Instanz eine Bewilligung zu erteilen, die von niemandem mehr beim Höchstgericht überprüft werden kann. Gerade in derartigen Grenzfällen und zur Rechtsfortbildung durch höchstgerichtliche Rechtsprechung sollte daher vermehrt der Grundsatz „in dubio pro natura“ herangezogen werden, weil der Antragsteller – im Gegensatz zur Natur – weiterhin das Recht auf nachprüfende Kontrolle ausüben kann. (mp)
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Folgen und Auswirkungen der aktuellen NSchG-Novelle auf die Naturschutzverfahren

Foto: G. Schaufler

Steigerung von Verwaltungsaufwand und verlängerte Verfahrensdauern

Die Streichung der Parteistellung der LUA bei sämtlichen Vorhaben in Landschaftsschutzgebieten (LSG; § 18 NSchG, überwiegend in Berg- und Seenlandschaften) erfolgt überraschend, nicht nachvollziehbar und unbegründet. Konnte doch damit in der Vergangenheit gemeinsam mit dem amtlichen Naturschutz eine weitere Verbauung und Zersiedelung der geschützten Landschaft in Grenzen gehalten und die Gestaltung von baulichen Anlagen aller Art (im landwirtschaftlichen Bereich immer wieder auch in enger und wertschätzender Abstimmung mit dem Planungsbüro der LWK Salzburg) landschaftsangepasst und -schonend entwickelt werden. Lediglich in Einzelfällen wurden Vorhaben mangels amtssachverständiger Aussicht auf Erfolg entweder zurückgezogen oder letztendlich versagt.

Für die zukünftigen Naturschutzverfahren und die Arbeit der Naturschutzbehörden würde die Umsetzung der aktuell in Begutachtung befindlichen NSchG-Novelle bedeuten, dass auf sie ein erheblicher zusätzlicher Verfahrensaufwand zukommt.

Verpflichtende parallele Anwendung aller Bewilligungstatbestände anstatt bisher eines führenden Bewilligungstatbestands

Bisher wurden Naturschutzverfahren aus verwaltungsrechtlichen Effizienzgründen immer nach den Bestimmungen des höchsten betroffenen Schutzgutes geführt und beurteilt. Zukünftig müssen anstatt nur eines führenden Bewilligungstatbestands alle Bewilligungs-Tatbestände des Salzburger Naturschutzgesetzes und seiner Verordnungen (§§ 8, 15, 18, 21, 24, 25) gleichzeitig und nebeneinander geprüft und angewendet werden.

Diese Änderung widerspricht dem historischen Willen des Gesetzgebers, dass unteilbare Vorhaben nur als Ganzes bewilligt oder abgelehnt werden können und dass aus Effizienzgründen jeweils nur die lex specialis als Beurteilungsvorschrift zur Anwendung kommt und nicht mehrfache Prüfungen nach verschiedenen Rechtsvorschriften durchgeführt werden müssen. Dies ergibt sich historisch bereits aus dem NSchG 1977 (LGBl Nr 86 idF Nr 11/1978) und allen nachfolgenden Regelungen.

Am Beispiel einer Forststraße ist ersichtlich, dass dieses idR unteilbare Vorhaben zukünftig im Verfahren sowohl fachlich durch die Amtssachverständigen als auch rechtlich durch die Naturschutzbehörden exakt aufgeteilt werden muss: und zwar in die nach § 25 NSchG als „Straßen und Wege“ zu beurteilenden Abschnitte, in die nach § 24 NSchG geschützte Lebensräume durchschneidenden Abschnitte (Moore, Sümpfe, Quellfluren, Fließgewässer etc) und in die allenfalls in Schutzgebieten liegenden Abschnitte der Forststraße (GLT, LSG, NSG, ESG).

Bisher führt bei der Betroffenheit eines geschützten Lebensraums der Bewilligungstatbestand des § 24 NSchG das Verfahren an. Zukünftig findet eine ineffiziente fachliche und rechtliche Zersplitterung des Verfahrens statt, die mit einem wesentlichen Mehraufwand für die Behörden einhergeht.

Aufsplittung von Projekten nach Parteistellung

Zu dieser ineffizienten Zersplitterung des Verfahrens tritt durch den Entzug der Parteistellung der LUA in LSG auch der zusätzliche Aufwand hinzu, dass die Behörden künftig solche unteilbaren Gesamtvorhaben zusätzlich rechtlich hinsichtlich der Parteistellung aufsplitten müssen.

Die LUA dürfte dann zukünftig bei Projekten im Grenzbereich zu LSG nur noch zu Teilprojekten bis zur LSG-Grenze als Partei am Verfahren teilnehmen (Bsp Forststraßen, Bauten, Steinbrüche etc). Die Behörden müssen daher im Verfahren de facto unteilbare Vorhaben rechtlich aufteilen in solche Bereiche mit LUA-Parteistellung und jene Bereiche ohne LUA-Parteistellung. Die LUA ist dann bspw nur zur Hälfte am Verfahren beteiligt und darf das Gesamtprojekt nicht beurteilen. Anlass und Sinn dieser Regelung erschließen sich nicht.

Aufsplittung von Projekten nach Schutzgütern

Doch auch bei Projekten, die zur Gänze oder nur in Teilen in einem Landschaftsschutzgebiet liegen, muss die Behörde – wiederum zusätzlich! – schon zu Beginn des Verfahrens herausfinden, ob geschützte Lebensräume (§ 24 Moore, Sümpfe, Quellfluren, Gewässer etc), von einem solchen Projekt betroffen sind, wofür eine Parteistellung der LUA besteht. Für die Beurteilung des Eingriffs in diese wichtigsten und höchstwertigen geschützten Lebensräume darf die LUA dann am Verfahren und am Lokalaugenschein vor Ort als Partei teilnehmen, aber nichts zum Gesamtprojekt sagen.

Kann die Betroffenheit geschützter Lebensräume von der Behörde nicht schon zu Beginn des Verfahrens, sondern erst nachträglich beim Lokalaugenschein festgestellt werden, ist die LUA dann aber auch nachträglich dem Verfahren als Partei beizuziehen. In der Folge müsste der Lokalaugenschein wiederholt werden, was zu einer Verzögerung des Verfahrens führt. Ohne Wiederholung eines Lokalaugenscheins verlöre die Vertretung der Natur die Möglichkeit der eigenen sachverständigen Beteiligung am Ort des geplanten Eingriffs. Die Beurteilung des Gesamtprojekts bliebe verwehrt.

Zwischenfazit: erhöhter Verwaltungsaufwand ohne fachlichen Mehrwert

Die in der Novelle vorgesehene Aufsplittung von Verfahren auf sämtliche Bewilligungstatbestände macht die bereits vor Jahrzehnten eingeführte und in der Praxis bewährte Vereinfachung der Naturschutzverfahren zunichte. Dies steigert den Verwaltungsaufwand der Behörden, weil jeder Bewilligungstatbestand nun zusätzlich gesondert fachlich und rechtlich geprüft werden muss und nicht übersehen werden darf.

Der Entfall der Parteistellung der LUA in Landschaftsschutzgebieten steigert diesen zusätzlichen Verwaltungsaufwand der Behörden noch weiter, weil diese Verfahren zusätzlich auf das Bestehen einer Parteistellung überprüft werden müssen. Es dürften dann auch nur noch Projektteile anstatt des Gesamtprojekts ins Parteiengehör geschickt werden, was einen in der Praxis nicht zu lösenden Aufwand für die Behörden verursachen würde.

Verlust von Expertise und Verlängerung von Artenschutz-Feststellungsverfahren

Auch der Entfall der Parteistellung der LUA in Verfahren zur Beurteilung von Artenschutzkonzepten hinsichtlich einer möglichen Verletzung der Verbote der Tötung, Störung und Vernichtung von Fortpflanzungsstätten geschützter Arten im Rahmen geplanter Eingriffe (§ 49 Feststellungsverfahren) führt zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand für die Behörden und zu einer zu erwartenden längeren Verfahrensdauer.

Die LUA verfügt ebenso wie die Naturschutzabteilung des Landes über wissenschaftlich ausgebildete und auch praktisch erfahrene zoologische Fachkräfte mit unterschiedlichen Spezialisierungen auf bestimmte geschützte Arten. Durch die Beteiligung der LUA und die Ergänzung der jeweiligen sachverständigen Spezialkenntnisse (wozu die Behörden in der Vergangenheit auch immer wieder explizit um Teilnahme gebeten haben) konnte so in diesen Feststellungsverfahren durch Verbesserungen der vorgelegten Maßnahmen-Planungen regelmäßig erreicht werden, dass eine Verletzung der Verbote vermieden und letztendlich geplante Vorhaben unter Rücksichtnahme auf den Artenschutz auch umgesetzt werden konnten. Diese hocheffiziente Bearbeitung führte u.a. auch zu einer bisher geringen Beteiligung von NGOs an diesen Verfahren.

NGOs sind nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht im Artenschutz-Feststellungsverfahren zu hören, sondern diese erlangen erst durch Kundmachung der Feststellungsbescheide überhaupt Kenntnis vom Verfahren und vom fertigen Verfahrensergebnis. Nachdem sie keine Möglichkeit der Beteiligung im Verfahren haben, bleibt den NGOs auch weiterhin nur die Möglichkeit einen Feststellungsbescheid nachträglich bei Gericht anzufechten. Nach Wegfall der Parteistellung und der aktiven Beteiligung der LUA-Sachverständigen ist zu erwarten, dass NGOs zukünftig ein vermehrtes Augenmerk auf diese Verfahren legen werden. Allfällige nachträgliche begründete Einwendungen könnten dazu führen, dass derartige Bescheide nicht rechtskräftig werden und das Verfahren vor Gericht wiederholt werden muss. Da viele Feststellungsverfahren aus Zeitgründen – etwa um zeitgerecht die Absiedlung geschützter Arten zu ermöglichen – vor dem Abschluss des eigentlichen Naturschutzverfahrens abgewickelt wurden, bedeutet dies aber im Regelfall den Zeitverlust von einem Jahr bis erneut die passende Aktivitätsphase gegeben ist. Der Mehrwert der Ausschaltung der LUA ist daher in diesen Fällen ebenfalls nicht nachvollziehbar.  

Für die Verwaltung und für das Gebot einer effizienten Gestaltung von Verfahren sind die vorgeschlagenen Änderungen von Verfahrensregeln nicht geeignet die Verfahrensführung zu erleichtern oder zu straffen, vielmehr verkomplizieren und erhöhen diese Regelungen den Verwaltungsaufwand und die Dauer der Verfahren. (mp)

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